Nouay: Vom Opfer zum Minenräumer

Nouay lebt in Laos. Vor zehn Jahren wurde er Opfer einer Streubombe. Heute, mit 18 Jahren, hat er sich den Teams von Handicap International angeschlossen, um sein Land von explosiven Kriegsmittelrückständen zu räumen und andere vor dem zu schützen, was ihm zugestossen ist.

Nouay, der jüngste Minenräumer von Handicap International in Laos

Nouay, der jüngste Minenräumer von Handicap International in Laos | (c) Handicap International

Nouay ist 8 Jahre alt, als er in seinem Dorf Vangkhod am Flussufer Kiesel einsammelt und eine Streubombe aus dem Vietnamkrieg in die Hand nimmt. Die nach 50 Jahren immer noch scharfe Bombe explodiert, als er sie fallen lässt. Als sein älterer Bruder den Knall hört und ihm nachgeht, findet er Nouay bewegungslos und blutüberströmt. Nouay wird in eine Piroge gelegt und zum nächstgelegenen Spital gebracht. Von Sepone müssen seine Eltern ihn noch mehrere Kilometer weit auf den Armen tragen. „Meine Mutter dachte, ich würde sterben. Ich habe keine Erinnerung an das, was nach der Explosion geschehen ist“, erzählt Nouay. Er bleibt zwei Wochen im Spital. Seine Verletzungen sind schlimm. Er hat vier Finger der rechten Hand verloren. Sein Körper ist von Splittern der Streubombe versehrt, sein Gesicht entstellt.

„Ich ging damals fischen, um meiner Familie zu helfen. Nach dem Unfall glaubte ich, dass ich mich nie mehr würde nützlich machen können. Ich habe jeden Tag meine Hand angeschaut und geweint.“ Als er seine Freunde zur Schule gehen sah, beschloss er zu lernen, um sich aus seiner Lage befreien zu können. Er ist 10 Jahre alt, als er die Schule beginnt und lesen und schreiben lernt. In diesem Jahr kommen Teams von Handicap International zur Präventionsaufklärung in sein Dorf und klären die Bevölkerung über die von den Kriegsmittelrückständen ausgehenden Gefahren auf. Der in dieser Sache sehr engagierte Nouay wird einer von vier Protagonisten eines Sensibilisierungsfilms, den Handicap International in Partnerschaft mit der UNICEF produziert.

Im März 2014 kreuzen sich die Wege von Nouay und Handicap International erneut. Er bewirbt sich beim Verein um eine Stelle als Minenräumer.

„Die Arbeit mit Streumunition macht mir keine Angst“

„Ich wollte mich in meinem Land am Kampf gegen diese Waffen beteiligen. Das ist für mich sehr wichtig. Ich möchte auch, dass alle begreifen, dass die ersten Opfer dieser Waffen Kinder sind, die vom Krieg keine Ahnung haben, wie ich damals.“ Kengkeo, der Leiter der Räumungsarbeiten (1) von Handicap International, erkennt in Nouay sofort eines der Kinder aus dem Sensibilisierungsfilm. „Ich wusste, dass er es schwer haben würde, eine Arbeit zu finden, denn die Vorurteile gegen Personen mit Behinderungen halten sich leider immer noch hartnäckig“, erklärt er. „Ich war hocherfreut, ihm eine Chance zu geben, seinen Traum zu erfüllen und ihn in diesem Beruf auszubilden.“ Heute ist Nouay das jüngste Mitglied des Räumungsteams, was ihn aber nicht daran hindert, mit grösstem Ernst und hoch motiviert an die Arbeit zu gehen.

(1) Ein Gelände räumen bedeutet, dass die Teams die Streumunition und die explosiven Kriegsmittelrückstände suchen und zerstören, mit denen es verseucht ist.