„Ich bin daran gewöhnt, in Notfallsituationen wie Naturkatastrophen oder Gewaltkonflikten zu arbeiten, aber diese Mission in Sierra Leone habe ich als besonders bedrückend empfunden, da wir einen Feind bekämpfen, den wir nicht sehen können. Man ist überall verunsichert: Man weiss nicht, ob die Person, die man vor sich hat, angesteckt ist. Man weiss nicht, ob man den Virus selber erwischt hat. Und vor allem weiss man nicht, ob man eine Ansteckung mit dem Virus überleben wird, denn die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass man daran stirbt.
Das Land ist permanent im Alarmzustand. Es gibt Kontrollposten an den Strassen, an denen man zum Fiebermessen aufgefordert wird, und am Eingang zu jedem öffentlichen Gebäude muss man die Hände mit einer Chlorlösung waschen. Diese Massnahmen und die ständige Wachsamkeit sind zwar sinnvoll, aber sie setzen alle sehr unter Stress.“
> Angesichts der Epidemie zählt man keine Arbeitsstunden
„Die Arbeitsbedingungen sind äusserst hart, besonders für das Personal von Sierra Leone. Man darf nicht vergessen, dass diese Leute die Krise von Anfang an miterlebt haben. Manche sind wegen der Epidemie seit sechs Monaten ununterbrochen im Einsatz und die meisten haben vor allem an den Wochenenden viele Überstunden geleistet.
In dieser Zeit der allgemeinen Anspannung und harten Arbeit ist mir die Bedeutung der menschlichen Kontakte besonders bewusst geworden: Unter anderen Umständen hätten wir uns nach einem übervollen Tag auf die Schultern geklopft oder Partnern und Kollegen die Hand gedrückt. Doch um die Ansteckungsrisiken zu mindern, haben sich alle an die „Null-Kontakt-Politik“ gehalten, und so sind diese Gesten aus unserem Alltag verschwunden. Unter normalen Bedingungen erscheinen sie uns so banal und selbstverständlich, dass wir nicht darüber nachdenken. Erst wenn man sie unterlassen muss, wird einem ihre Bedeutung bewusst.“
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