Nansen-Preis

Vor zwanzig Jahren, am 4. Oktober 1996, verleiht das UN-Flüchtlingshilfswerk (UNHCR) Handicap International den Nansen-Preis für „den Einsatz für Flüchtlinge und den Beitrag zur Kampagne gegen Antipersonenminen“.

Die UN-Hochkommissarin für Flüchtlinge, Frau Sadako Ogata, überreicht die Medaille am 4. Oktober 1996 in Genf an Dr. Jean-Baptiste Richardier, Co-Direktor und Mitbegründer von Handicap International, und Patrick Segal, Vizepräsident von Handicap International. | © A. Hollmann-UNHCR

Der 1954 etablierte Nansen-Preis wird jedes Jahr an eine Person, Gruppe oder Organisation vergeben, die sich um den Flüchtlings- und Vertriebenenschutz besonders verdient gemacht hat. Die Auszeichnung ist benannt nach dem berühmten norwegischen Polarforscher, Diplomat, Wissenschaftler, ersten Flüchtlingskommissar und Friedensnobelpreisträger Fridtjof Nansen.

Der Nansen-Preis wurde Handicap International im Jahr 1996 für ihr Flüchtlingsengagement verliehen. Im Jahr 2008 wurde er den Minenräumern im Südsudan verliehen, darunter an drei Teams der Organisation.

Erfahrungsbericht von Jean-Baptiste Richardier, Mitbegründer von Handicap International

Was ist der Nansen-Flüchtlingspreis? 

Der Nansen-Flüchtlingspreis wird jedes Jahr vom UN-Flüchtingshilfswerk, dem UNHCR, vergeben. Mit ihm werden Einzelpersonen oder Organisationen für ihr Engagement und ihre Hilfe für Flüchtlinge geehrt.

Wie wichtig war dieser Preis für Handicap International im Jahr 1996? 

Erst einmal war es eine grosse Überraschung. Wir wussten noch nicht einmal, dass wir nominiert worden waren! Wir waren sehr bewegt, es hat uns sehr viel bedeutet. 1996 war Handicap International noch eine relativ junge Organisation – wir arbeiteten seit 15 Jahren – mit einem rebellischen und entschlossenen Charakter. Wir kämpften dafür, dass die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung mehr und effektiver Beachtung fänden, ganz besonders wenn sie auf der Flucht waren. Wir arbeiteten in einer Reihe von Projekten sehr eng mit dem UNHCR zusammen, aber wir hatten trotzdem eine sehr unabhängige Geisteshaltung. Wir hatten das UNHCR mehr als einmal kritisiert, deshalb unsere Überraschung. Der Preis brachte uns die Aufmerksamkeit der Fachleute von ähnlichen internationalen und humanitären Organisationen. 

Welche Rolle spielte Handicap International neben dem UNHCR?

Eine der grössten Flüchtlingskrisen in der Mitte der 1990er Jahre fand an der Grenze zwischen Thailand, Laos, Kambodscha und Myanmar statt. Grosse humanitäre Einsätze gab es auch in den afghanischen Flüchtlingslagern in Pakistan. Diese beiden Krisen stellten für das UNHCR eine grosse organisatorische und finanzielle Herausforderung dar. Sie wurden von Partnern wie Handicap International unterstützt, und man übertrug uns die Verantwortung für eine Reihe von grossen humanitären Projekten. Der Preis kam auch nur wenige Jahre, nachdem wir unsere erste Abteilung für „Minenaktion“ gegründet hatten. Wir hatten unseren ersten Einsatz zur Räumung von Landminen in Kambodscha gestartet, und konnten damit die UN unterstützen. Denn sie hatten mit der ganzen Bandbreite der Gefahren zu kämpfen, die die Minen für die Flüchtlinge in Thailand darstellten. Das war der Moment, als Handicap International das erste humanitäre Minenräumprogramm startete, und wir sind stolz darauf, unter den Pionieren in diesem Bereich gewesen zu sein. Das UNHCR wollte unsere Arbeit anerkennen. Ich würde auch sagen, dass der Preis 1996 unsere Legitimität innerhalb der internationalen Kampagne zum Verbot von Landminen verstärkte – nur ein Jahr, bevor die Ottawa-Konvention das Verbot von Landminen besiegelte.

Woran erinnern Sie sich am meisten aus der Zeremonie?

Es war eine sehr feierliche Angelegenheit, auch Mitglieder von “Geneva International” waren dabei. Frau Ogata hielt eine sehr starke Rede: „Meine Organisation verdankt Handicap International viel. Ihr arbeitet unermüdlich an der Seite von Menschen mit Behinderung […] – eure Organisation verkörpert das Beste, was humanitäre Arbeit leisten kann.“ 

Was hat dieser Preis für Handicap International verändert? 

Er gab uns eine dauerhafte Sichtbarkeit in den Medien. Das Bild einer seriösen nicht-staatlichen Organisation, auf die sich die UN-Flüchtlingshilfe stützt, verstärkte zusätzlich unsere Glaubwürdigkeit bei den Spenderinnen und Spendern. Dies war ein Wendepunkt in der Geschichte unserer Organisation und vielleicht die Aufnahme in die Gruppe der Nichtregierungsorganisationen, die wirklich zählen.

Publié le 10.12.2015 - 10:45.