689 Zivilpersonen wurden 2022 in der Ukraine Opfer von Streumunition: die schockierende Bilanz des Streubomben-Monitors

Minen und andere Waffen
Ukraine

Nach Angaben des Streubomben-Monitors 2022 sind zwischen Januar 2021 und Juli 2022 838 Menschen in der Ukraine durch Streumunition getötet oder verletzt worden, darunter mindestens 689 Zivilpersonen. Die Konferenz der Vertragsstaaten des Oslo-Übereinkommens, das den Einsatz dieser Waffen verbietet, findet vom 30. August bis zum 2. September in Genf statt. Wir fordern, dass die Verwendung dieser Waffen systematisch verurteilt wird und die Verantwortlichen für ihre Verwendung zur Rechenschaft gezogen werden.

Jungen fahren mit dem Fahrrad an Gebäuden vorbei, die durch Waffengewalt zerstört wurden.

Jungen fahren mit dem Fahrrad an Gebäuden vorbei, die durch Waffengewalt zerstört wurden. | © T. Mayer / HI

Streubomben-Monitor 2022 herunterladen (auf Englisch)

In der Ukraine wurden in der ersten Hälfte des Jahres 2022 mindestens 689 Zivilpersonen Opfer von Angriffen mit Streumunition. Dies geht aus dem aktuellen Streubomben-Monitor 2022 hervor, der heute veröffentlicht wurde. Da bis zu 40 Prozent der Streumunition beim Aufprall nicht explodiert, stellt die Kontamination mit explosiven Kriegsmunitionsrückständen eine grosse Bedrohung für die ukrainische Zivilbevölkerung dar.

Daniel Suda-Lang, Geschäftsleiter von Handicap International Schweiz, erklärt dass : 

«Streubomben sind Waffen, die mehrere hundert Minibomben, sogenannte Submunitionen, enthalten. Da sie so konzipiert sind, dass sie über grosse Gebiete verstreut werden, fallen sie unweigerlich auch in zivile Wohngebiete. Sie können durch die kleinste Berührung ausgelöst werden und töten und verstümmeln Menschen während und nach Konflikten. Da sie keinen Unterschied zwischen Zivilpersonen, zivilen Gütern und militärischen Zielen machen, verstossen Streubomben gegen das humanitäre Völkerrecht.»

Die Ergebnisse des Streubomben-Monitors 2022

  • In der ersten Hälfte des Jahres 2022 wurden nur in der Ukraine neue Einsätze von Streumunition gemeldet, wo die russischen Streitkräfte Hunderte von Angriffen durchgeführt haben. Auch die ukrainischen Streitkräfte haben diese Waffe mehrfach eingesetzt.
  • Vorläufigen Berichten zufolge wurden mindestens 215 Zivilpersonen getötet und 474 verletzt. Das ist ein Anstieg um 302 Prozent im Vergleich zu der im Jahr 2020 beobachteten weltweiten Gesamtzahl, die sowohl Opfer von Angriffen als auch von Rückständen von Streumunition umfasst. Die tatsächliche Zahl der Opfer dürfte weit höher sein, da es schwierig ist, Informationen aus diesem Gebiet zu beschaffen.
  • In der Ukraine wurde Streumunition vor allem in bewohnten Gebieten eingesetzt. Streumunition tötet und verletzt nicht nur Zivilpersonen, sondern beschädigt auch Häuser, Spitäler, Schulen, Fabriken, Spielplätze und vieles mehr. Durch die Angriffe mit Streumunition wurden auch Binnenvertriebene und Menschen, die humanitäre Hilfe suchten, gefährdet.
  • Im Jahr 2021 waren weltweit zum ersten Mal seit einem Jahrzehnt keine neuen Opfer infolge von Angriffen mit Streumunition gemeldet worden. Dies bedeutete einen starken Rückgang im Vergleich zu 2020 (360 Opfer) und 2019 (317 Opfer). Allerdings wurden 149 Personen Opfer von Blindgängern. Besonders betroffen war die Zivilbevölkerung in Syrien, im Irak und in Laos.

Streubomben-Monitor 2022

Der alljährlich publizierte Bericht überwacht die Umsetzung des Oslo-Übereinkommens, das den Einsatz, die Herstellung, die Weitergabe und die Lagerung von Streumunition verbietet. Der aktuelle Bericht konzentriert sich auf das Kalenderjahr 2021. Nach Möglichkeit wurden Informationen bis Juli 2022 miteinbezogen.

Der Streubomben-Monitor wird von Expert*innen der Internationalen Koalition gegen Streubomben (Cluster Munition Coalition) auf der Grundlage von weltweit erhobenen Fakten erstellt. Wir sind Gründungs- und Vorstandsmitglied der Koalition und gehören dem Redaktionsteam des Monitors an.

Bilanz des Oslo-Übereinkommens

Bis heute wurde das Übereinkommen von 123 Staaten unterzeichnet. Seit Inkrafttreten des Übereinkommens am 1. August 2010 haben 35 Vertragsstaaten 1,5 Millionen Streumunitionsbestände, also insgesamt 178 Millionen Streumunitionen, vernichtet. Dies entspricht 99 Prozent aller von den Vertragsstaaten gemeldeten Streumunitionsbeständen. Insgesamt sind weltweit weiterhin 26 Staaten und drei Regionen mit Streumunitionsrückständen kontaminiert.
 

25 August 2022
Einsatzländer

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Nadia Ben Said
Verantwortliche Medien
(FR/DE/EN)

Tel : +41 22 710 93 36
[email protected]

HELFEN
Sie mit

Lesen sie weiter

Ukraine: Explosivwaffen, tägliche Bombardierungen und Verseuchung durch Blindgänger isolieren Dörfer, viele ältere Menschen harren in Frontnähe aus
© M.Monier / HI
Gesundheit und Prävention Minen und andere Waffen Nothlife Stop Bombing Civilians

Ukraine: Explosivwaffen, tägliche Bombardierungen und Verseuchung durch Blindgänger isolieren Dörfer, viele ältere Menschen harren in Frontnähe aus

Der massive Einsatz von Explosivwaffen in der Ukraine hat Strassen, Spitäler und Schulen zerstört und ganze Landstriche isoliert. Wir weisen auf die Gefahren hin, die von Blindgängern ausgehen, und auf die wachsenden Bedürfnisse der Menschen, die nicht aus den Kampfgebieten fliehen konnten. 

Ein Tag im Leben unserer Minenräumer:innen
© A. Stachurski / HI
Minen und andere Waffen

Ein Tag im Leben unserer Minenräumer:innen

Schlüpfen Sie in die Schutzkleidung unserer Minenräumer:innen im Senegal und erleben Sie einen Tag an ihrer Seite

Senegal: Wie Hunde Kira, Storm, Fisti und Tini helfen, Minen aufzuspüren
© A. Stachurski / HI
Minen und andere Waffen

Senegal: Wie Hunde Kira, Storm, Fisti und Tini helfen, Minen aufzuspüren

Aufgeregt und gespannt hält Storm seine Nase in den Wind. Seine Augen leuchten. Der belgische Schäferhund trainiert seit Monaten in der Region Casamance, wie er Sprengkörper aufspüren kann. Bald sind Storm und die anderen drei Hunde bereit für ihren ersten Einsatz. Dann unterstützen sie unsere Teams bei der Minenräumung. Entminerin Elisabeth Sambou freut sich schon auf die vierbeinigen Kollegen.