Abkommen «Stop Bombing Civilians»: Wer wird es annehmen? Wie wird es umgesetzt? Was wird es ändern?
Am 17. Juni 2022 wird im Palais des Nations in Genf die abschliessende Verhandlungsrunde für ein internationales Abkommen zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor Explosivwaffen in Wohngebieten stattfinden. Das Abkommen ist Ausgangspunkt für die Änderung der Politik und militärischen Praktiken der beteiligten Staaten. Interview mit Daniel Suda-Lang, Geschäftsleiter von Handicap International Schweiz.
Bildunterschrift: Panzer aus Luftballons, den Handicap International Anfang April 2022 installiert hat, um die Staaten dazu aufzurufen, sich entschieden für ein internationales Abkommen zum besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor Explosivwaffen in Wohngebieten zu engagieren. | Valentina Sulmoni / HI
Warum ist ein solches Abkommen nötig?
Zwischen 2011 und 2020 wurden 240’000 Menschen durch Bombardierungen und Granatenbeschüsse in bewohnten Gebieten getötet. Fast alle Opfer sind Menschen wie Sie und ich, die nie an Kämpfen teilgenommen und alles dafür getan haben, um sich selbst zu schützen. Dass Zivilist:innen weitaus am häufigsten Opfer von Explosivwaffen werden, ist eine inakzeptable Entwicklung moderner Konflikte. 500 Kilogramm schwere Bomben, die eigentlich für offene Schlachtfelder ausgelegt sind und einen Radius von mehreren hundert Metern aufweisen, werden heute von Flugzeugen auf Städte geworfen. Solche Waffen nehmen keine Rücksicht auf Zivilist:innen. Lassen Sie mich es ganz deutlich sagen: Diese zerstörerischen Waffen dürfen nicht in Städten, Dörfern oder anderen Orten, an denen Zivilist:innen leben, eingesetzt werden. Das internationale Abkommen gegen die Bombardierung von Städten, das die Staaten heute finalisieren, kann ein wichtiger Schritt in Richtung eines besseren Schutzes der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten sein. Aber unser Kampf ist noch lange nicht vorbei. Wir von Handicap International werden unermüdlich das Leid anprangern, das Zivilist:innen durch die Bombardierung von Städten zugefügt wird, und einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung fordern.
Was wird das Abkommen ändern?
Das internationale Abkommen, das wir am 17. Juni finalisieren, könnte ein Fortschritt für den Schutz von Zivilisten in Kriegsgebieten bedeuten. Aber das hängt weitgehend davon ab, was als Nächstes passieren wird. Werden die Staaten dieses Abkommen annehmen? Werden sie es mit dem Anspruch umsetzen, die Verpflichtungen des humanitären Völkerrechts zu stärken? Dieses Abkommen fordert die Staaten auf, den Schutz der Zivilbevölkerung während militärischer Operationen zu verbessern, indem der Einsatz von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten einschränkt und der Einsatz von schweren Explosivwaffen drastisch begrenzt wird. Wir werden die Massnahmen, die die Staaten umsetzen werden, sehr genau verfolgen. Mit dem Explosive Weapons Monitor, den wir 2022 miterschaffen haben, werden wir die Politik und militärischen Praktiken überwachen, um einen besseren Schutz der Zivilbevölkerung vor Explosivwaffen zu gewährleisten.
Wer wird das Abkommen annehmen?
Während des zwei Jahre dauernden diplomatischen Prozesses haben wir grosse Fortschritte erzielt – von der Unwissenheit und Leugnung seitens der Staaten hinsichtlich der humanitären Folgen von Explosivwaffen bis hin zur vollständigen Anerkennung des Leids, das der Zivilbevölkerung durch diese Waffen zugefügt wird. Doch dieses internationale Abkommen ist nur der Beginn eines langen Prozesses, der den Schutz von Zivilist: innen vor Explosivwaffen in Wohngebieten spürbar verbessern soll. Der nächste Schritt ist die Verabschiedung des Abkommens durch die Staaten – und die grosse Frage ist, wer es unterzeichnen wird. Die Konferenz zur Annahme des Abkommens soll noch vor Ende des Jahres stattfinden. Wir von Handicap International werden alles in unserer Macht Stehende tun, um möglichst viele Unterschriften zu sammeln, vor allem in der Schweiz.
Was können wir tun?
Wir laden Sie ein, unsere Petition zu unterzeichnen, um NEIN zur Bombardierung von Zivilist:innen zu sagen. Die gesammelten Unterschriften dienen dazu, Druck auf die Schweiz und die anderen Staaten auszuüben, um sie zur Unterzeichnung des internationalen Abkommens zu bewegen. Weltweit unterstützen uns bereits 600'000 Menschen.
Wir rufen auch alle Parlamentarier:innen auf, die sich noch nicht unserem Kampf angeschlossen haben, gemeinsam mit uns sicherzustellen, dass die Schweiz als Depositarstaat der Genfer Konventionen eine Schlüsselrolle bei der Umsetzung dieses Abkommens spielt. Die Mitglieder des Parlaments werden gebeten, diese Erklärung zu unterstützen, indem Sie eine E-Mail an Elodie Sierro senden. Die vollständige Erklärung finden Sie auf der Website von Handicap International.
Nehmen Sie mit uns Kontakt auf
Nadia Ben Said
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