Darfur: Menschen mit Behinderungen stärker bedroht als je zuvor
Nach zweieinhalb Jahren eines verheerenden Konflikts befindet sich der Sudan den Vereinten Nationen zufolge in der grössten humanitären Krise weltweit. Nach der monatelangen Belagerung von El Fasher hat sich die Gewalt in Darfur verschärft und die ohnehin kritische humanitäre Lage weiter verschlechtert. Tausende Menschen, darunter Zivilist:innen und Mitarbeitende von Hilfsorganisationen, sind von einem Klima des Terrors betroffen. Menschen mit Behinderungen sowie besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen sind einem noch höheren Risiko ausgesetzt. Berichten zufolge wurden Menschen mit Behinderungen hingerichtet, weil sie nicht fliehen konnten. Handicap International ist alarmiert über diese Situation und prangert die schweren Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht an.
Khaleel Ishaq Yousef stammt aus El-Geneina in der Region Darfur im Sudan, wo er während des Konflikts ein Bein verlor. Heute lebt er im Flüchtlingslager Farchana im Tschad. | © T. Nicholson / HI
«Dieser Ausbruch von Gewalt ist unerträglich und trifft vor allem die verletzlichsten Menschen – insbesondere Menschen mit Behinderungen. Heisst es nicht, dass niemand zurückgelassen werden darf? Wie immer bergen solche Konflikte das schwerwiegende Risiko von Kriegsverletzungen, die zu dauerhaften Behinderungen führen können, wenn sie nicht umgehend behandelt werden. Der Bedarf an körperlicher Rehabilitation, Schutz und psychosozialer Unterstützung zur Bewältigung von Traumata ist immens. Es ist entscheidend, dass die humanitäre Hilfe ungehindert zu den Menschen gelangt, die sie benötigen», sagt Vincent Dalonneau, Direktor von Handicap International Sudan.
Verschlechterung der humanitären Situation in der Region
Handicap International ist alarmiert über die Eskalation der Gewalt und die rapide Verschlechterung der humanitären Lage in der Region nach zweieinhalb Jahren verheerenden Konflikts und monatelanger Belagerung von El Fasher, der Hauptstadt von Nord-Darfur.
Laut Berichten zuverlässiger Quellen, darunter der Vereinten Nationen[1], werden Massenhinrichtungen durchgeführt. Dadurch leben Hunderttausende Menschen, darunter Zivilist:innen und Mitarbeitende von Hilfsorganisationen, in Angst und Unsicherheit. Zivile Infrastruktur wie Wohnhäuser, Spitäler und Märkte wurde zerstört. Die Bestände an medizinischer Hilfe sind erschöpft, der Zugang für humanitäre Hilfe stark eingeschränkt.
Menschen mit Behinderungen und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen besonders betroffen
Menschen mit Behinderungen sowie besonders schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, darunter Frauen, Kinder und ältere Menschen, sind extremen Risiken ausgesetzt. Es gibt Berichte über Menschen mit Behinderungen, die hingerichtet wurden, weil sie nicht fliehen konnten. Dem Sudan Humanitarian Needs Report and Response Plan 2025 zufolge machen Menschen mit Behinderungen etwa 15 % der Bevölkerung aus, die humanitäre Hilfe benötigt, also rund 4,6 Millionen Menschen.
In den vom Konflikt betroffenen Gebieten ist dieser Anteil vermutlich deutlich höher, da die Prävalenz von Behinderungen während und nach Konflikten stark ansteigt. Insbesondere Unterernährung kann zu langfristigen Behinderungen führen. Diese wird durch massive Vertreibungen der Bevölkerung, den Zusammenbruch der Gesundheitssysteme sowie den stark eingeschränkten Zugang zu grundlegenden Versorgungsgütern wie Nahrung, Treibstoff und Wasser noch verschärft.
Das humanitäre Völkerrecht muss bekräftigt werden
Handicap International weist auf die unverhältnismässigen Auswirkungen von Gewalt auf Menschen mit Behinderungen hin. Die Organisation ruft die UN-Organisationen sowie alle weiteren beteiligten Akteure dazu auf, sich für die vollständige Umsetzung der Menschenrechtsabkommen – insbesondere der UN-Behindertenrechtskonvention – einzusetzen. Zudem sollen sie ihre Verpflichtungen aus den Richtlinien und der Charta des Ständigen Interinstitutionellen Ausschusses (IASC) zur Einbeziehung von Menschen mit Behinderungen in die humanitäre Hilfe bekräftigen.
Handicap International fordert zudem alle humanitären Organisationen auf, das Thema Behinderung in ihre Programme aufzunehmen
Handicap International verurteilt die schweren Verstösse gegen das humanitäre Völkerrecht aufs Schärfste. Gleichzeitig erinnert die Organisation daran, dass die Konfliktparteien gemäss Artikel 3 der Genfer Konventionen dazu verpflichtet sind, Personen zu schützen, die nicht an Feindseligkeiten teilnehmen. Die Organisation fordert alle Parteien dazu auf, folgende Massnahmen zu ergreifen:
- Schutz der Zivilbevölkerung und der zivilen Infrastruktur
- Gewährleistung der sicheren und ungehinderten Bewegungsfreiheit für Zivilist:innen, die El Fasher verlassen möchten
- Ermöglichung eines sicheren und ungehinderten Zugangs für humanitäre Akteure in allen Gebieten – humanitäre Massnahmen müssen unmittelbar und nachhaltig sein
- Sofortige Einstellung der Angriffe auf humanitäre Helfer:innen und Sicherstellung durch Garantien sowie angemessene Überwachung, dass humanitäre Helfer:innen nicht aufgrund ihrer Hilfstätigkeit festgenommen oder inhaftiert werden
[1]:
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Nadia Ben Said
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