„Die Leute leben in absoluter Armut”

Nothlife
Demokratische Republik Kongo

In Kasai in der Demokratischen Republik Kongo herrscht seit über einem Jahr Ausnahmezustand. Über zwei Millionen Menschen sind bereits vom bewaffneten Konflikt betroffen. Die Lage wird jeden Tag schlimmer. Bakary Traoré koordiniert die Aktionen von HI vor Ort. Er erklärt uns die Situation in der Region, seine Arbeit und die Lebenslage der Menschen.

Der HI-Mitarbeiter spricht mit einer Familie, die um ihn versammelt unter einem Baum sitzt

Bakary Traoré notiert sich genau die Umstände und Bedürfnisse der geflohenen Familien | © Handicap International

„Zwischen 2016 und 2017 wurden nach dem innerstaatlichen Konflikt, der diese Region der Republik Kongo betraf, viele Dörfer niedergebrannt. Viele Menschen waren zur Flucht gezwungen. Sie haben alles verloren – ihr Zuhause, ihre Einrichtung, die Lebensmittelgeschäfte und selbst ihr Arbeitswerkzeug. Manche der Vertriebenen haben immer noch zu viel Angst davor, in ihre Heimatdörfer zurückzukehren, weil sie dort nicht in Sicherheit sind. Sie haben nichts und es mangelt an Lebensmitteln und medizinischer Versorgung. Es herrscht hier eine entsetzliche Armut. Die Leute sind absolut mittellos.

> Nahrungsmittelkrise

Es sind nur drei Nichtregierungsorganisationen in dieser Region tätig. Die humanitäre Hilfe ist also nicht ausreichend. Handicap International verteilt vorranging Lebensmittel und hilft den besonders schutzbedürftigen Menschen. Wir verteilen Essen (Maismehl, Bohnen, Öl usw.) an über 8.500 Familien, mit finanzieller Unterstützung von Food for Peace. Das sind insgesamt 51.000 Menschen. Die Ernte beginnt zwar in einem Monat, doch die Leute werden nicht genug zu essen haben. Laut einer Studie des Welternährungsprogramms (WFP) leiden in den zwei Regionen, in denen Handicap International tätig ist und Lebensmittel verteilt, etwa 205.000 Menschen unter Nahrungsmittelknappheit. Trotz der Anwesenheit der Nichtregierungsorganisationen in diesen Gegenden sind nur 59 Prozent der Menschen ausreichend mit Essen versorgt.

> Knappe Medikamente

Auch die Qualität der medizinischen Versorgung hat eine kritische Schwelle erreicht. Handicap International arbeitet manchmal mit Krankenhäusern zusammen, in denen es nicht genug Ausstattung oder Medikamente gibt, um Kinder zu behandeln. Die Ärzte stellen zwar Rezepte aus, doch die Arzneimittel sind sehr knapp. Manche Leute, die es sich finanziell nicht leisten können, ins Krankenhaus zu gehen, behandeln sich selbst mit sogenannten therapeutischen Medikamenten. Doch die bringen in den meisten Fällen nichts.

> Vertrauen zur lokalen Bevölkerung aufbauen

Meine Arbeit besteht hauptsächlich darin, die Situation und Bedürfnisse der Menschen sorgfältig zu betrachten und dann die Aktivitäten von Handicap International vor Ort anzupassen. Weiterhin setzen wir Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung um, bieten Reha an und überweisen an geeignete Stellen. Ausserdem ermitteln wir die Bedürfnisse jeder Familie. Wir müssen jedoch Vertrauen mit der Bevölkerung aufbauen, damit unsere Aktivitäten ihre Wirkung entfalten können. Denn es ist das erste Mal, dass wir in diesen Camps arbeiten. Handicap International verfolgt dafür eine partizipative Methode und die Leute beginnen jetzt trotz der schwierigen Umstände, an unseren Angeboten teilzunehmen. Es bleibt zu bedenken: All diese Massnahmen beziehen sich auf die aktuelle Lage. Wir müssen aber auch an die Zukunft dieser Menschen denken, die nichts mehr haben. Sie werden Hilfsprojekte zur wirtschaftlichen Wiedereingliederung brauchen, damit sie ihr Leben wiederaufbauen können.“

23 Oktober 2017
Einsatzländer

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Nadia Ben Said
Verantwortliche Medien
(FR/DE/EN)

Tel : +41 22 710 93 36
[email protected]

HELFEN
Sie mit

Lesen sie weiter

Erdbeben im Nordwesten Syriens: Gefahr durch explosive Kriegsreste
HI Partners
Nothlife

Erdbeben im Nordwesten Syriens: Gefahr durch explosive Kriegsreste

Die Gefahr von nicht explodierten Kriegsresten für die Bevölkerung und die humanitären Helfer:innen ist nach dem Erdbeben enorm. Wir befürchten, dass viele Blindgänger durch das Erdbeben, Erdrutsche oder eingestürzte Gebäude verschoben und bereits geräumte Gebiete erneut kontaminieren wurden.

Erfahrungsberichte unserer Teams in der Ukraine zum 24. Februar 2022
© HI
Gesundheit und Prävention Nothlife

Erfahrungsberichte unserer Teams in der Ukraine zum 24. Februar 2022

Seit dem 24. Februar 2022 und dem Beginn des gross angelegten militärischen Angriffs in der Ukraine werden die wichtigen Städte des Landes intensiv bombardiert. Unser Team mit mehr als 170 Fachkräften ist vor Ort und kümmert sich um die am meisten gefährdeten Menschen. Nach einem Jahr erzählen uns einige unserer Teammitglieder und Partner, wie sie den 24. Februar 2022 erlebt haben. 

Rema: Ich lag 30 Stunden unter den Trümmern
© HI
Gesundheit und Prävention Nothlife Rehabilitation

Rema: Ich lag 30 Stunden unter den Trümmern

Die 13-jährige Rema hat das Erdbeben in Syrien überlebt. Sie lag 30 Stunden unter den Trümmern. Schliesslich wurde ihr Bein an Ort und Stelle amputiert, um sie zu befreien. Hier erzählt sie ihre Geschichte.