Sechs gängige Auffassungen über Bombenangriffe auf Zivilisten

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Schweiz

Kollateralschäden, ungezielte Angriffe, schmutzige Kriege… ist all das in Konflikten wirklich unvermeidlich? Erfahren Sie, warum es so wichtig ist, diesen Vorgehensweisen ein Ende zu setzen.

Sechs gängige Auffassungen über Bombenangriffe auf Zivilisten

PH. Houliat | HI

Kollateralschäden und zivile Opfer sind in Kriegen normal. FALSCH.

92 Prozent der Opfer von Bombenangriffen in bewohnten Gebieten sind Zivilisten – also fast alle! Nur sehr wenige sind aktiv am Krieg beteiligt. Bei einem solchen Verhältnis kann man nicht mehr von Kollateralschäden sprechen!

Nein, es muss nicht zwangsläufig sein, dass Zivilisten die Hauptopfer von Bombardierungen sind. Die militärischen Streitkräfte verfügen durchaus über die technischen Mittel, um zivile Opfer zu begrenzen. Und die Erfahrung zeigt: Wenn Zivilisten in einem Angriff getötet oder verwundet werden, haben die Kriegsparteien oft nicht die nötigen Vorsichtsmassnahmen getroffen, um sie zu schützen. Oder sie wurden gar absichtlich als Zielscheibe genommen.

Es gibt eindeutige Regeln, um diejenigen, die nicht an Kämpfen beteiligt sind sowie zivile Einrichtungen zu schützen. Alle Zivilisten müssen vor Kriegen geschützt werden.

Man kann Krieg ohne Explosivwaffen führen. FALSCH.

Unser Ziel ist es nicht, Explosivwaffen zu verbieten, sondern Zivilisten besser vor den Praktiken in aktuellen Konflikten zu schützen: vor Explosivwaffen in bewohnten Gebieten. Vor allem Explosivwaffen mit breitem Wirkungsradius müssten dazu verboten werden.

In Afghanistan haben die Regeln der internationalen Koalition zwischen 2008 und 2014 dazu geführt, dass die Anzahl ziviler Opfer bei Luftangriffen stark zurückging. Das zeigt: Es sind Massnahmen möglich, die einen positiven Effekt auf den Schutz der Zivilbevölkerung haben. Leider ist die Anzahl der zivilen Opfer seither wieder angestiegen und auf hohem Niveau geblieben. Der Konflikt in Afghanistan ist einer der Tödlichsten für Zivilisten weltweit.

Wenn Bombardierungen in städtischen Gebieten eingeschränkt werden, gibt man Gegnern einen Vorteil, die sich nicht an die internationalen Regeln halten. FALSCH.

Nein. Einen militärischen Vorteil erhält man nicht dadurch, dass man das Leben von Zivilisten in Gefahr bringt. Wenn militärische Streitkräfte Operationen durchführen, dann wählen sie vorher genau aus, welche Ziele sie angreifen, welche Explosivwaffe sie verwenden und anhand welcher Daten sie das Risiko für Zivilisten evaluieren. 
Die rückwirkende Analyse von Übergriffen zeigt oft, dass die Wahl der zuständigen Militärs anders hätte sein können; dass sie Zivilisten hätten verschonen können, ohne dem Gegner einen Vorteil zu verschaffen.

Die Verwendung von Explosivwaffen in bewohnten Gebieten ist nicht Sache der Politik, sondern Sache des Militärs. FALSCH.

Antipersonenminen und Streubomben wurden nur dank des Engagements von Nichtregierungsorganisationen verboten, die es geschafft haben, Staaten zu mobilisieren. Der Ottawa-Vertrag verbietet die Verwendung, die Herstellung und den Handel mit Antipersonenminen. 164 Staaten sind dem Vertrag beigetreten. Die Oslo-Konvention verbietet seit 2008 Streubomben und wurde von 119 Staaten unterzeichnet. 

Jeder Staat kann selbst festlegen, was seine Streitkräfte tun oder nicht tun dürfen. Es sind also die Politiker – Parlamentarier, Regierungsmitglieder, Parteimitglieder – die es aufzuwecken und zu sensibilisieren gilt.

Explosive Waffen werden immer treffsicherer. FALSCH.

Es gibt keine exakten, zielsicheren Angriffe. Die meisten Bomben, die in den Konflikten in Syrien, im Irak oder Jemen verwendet werden, haben eine hohe Fehlerrate: Sie gehen oftmals am anvisierten Ziel vorbei. Und ihr großer Wirkungsradius stellt ein inakzeptables Risiko für Zivilisten dar, die sich in der Nähe der Ziele befinden. Darüber hinaus verwenden Streitkräfte nie nur eine einzige Bombe, sondern setzen auf mehrfache Bombenangriffe, gleichzeitig abgefeuerte Geschütze, Bombenteppiche etc. Diese Technik fordert oft zahlreiche Opfer unter den Zivilisten.

Alle Kriege sind schmutzig, gewalttätige Übergriffe sind unvermeidbar. FALSCH.

Genau um solchen Fatalismus zu verhindern, haben Staaten das humanitäre Völkerrecht aufgestellt. Außerdem ist es den Staaten gelungen, willkürliche Waffen wie Antipersonenminen und Streubomben zu verbieten sowie Institutionen zu errichten, die Zuwiderhandlungen und Kriegsverbrechen verurteilen – beispielsweise den internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.  

Im letzten Jahrhundert wurden schon Fortschritte gemacht, was den Schutz der Zivilbevölkerung angeht. Doch wir müssen uns weiter dafür engagieren, denn Zivilisten sind immer die größten Opfer von Konflikten. Unser Einsatz gegen Bombenangriffe auf bewohnte Gebiete ist lebenswichtig, damit der Schutz von Zivilisten verbessert und ihre Rechte gewahrt werden. Unterzeichnen Sie die Petition! 
 

Einsatzländer

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Nadia Ben Said
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