Afghanistan: Wir setzen unsere Projekte für besonders schutzbedürftige Menschen fort

Nothlife
Afghanistan

Wir haben die meisten Projekte für besonders schutzbedürftige Menschen in Afghanistan nach einer Unterbrechung von wenigen Tagen wieder aufgenommen. Der Bedarf an humanitärer Hilfe ist enorm in diesem Land, das durch einen jahrzehntelangen Konflikt verwüstet ist und zu einem der schlimmsten verminten Ländern weltweit gehört. Heute haben 80 Prozent der afghanischen Bevölkerung in irgendeiner Form eine Beeinträchtigung, und mehr als 2,5 Millionen Erwachsene (14 Prozent) leben mit einer schweren Behinderung.
 

Betreuung eines jungen Patienten mit zerebraler Lähmung während der Corona-Krise im Reha-Zentrum von Kandahar.

Betreuung eines jungen Patienten mit zerebraler Lähmung während der Corona-Krise im Reha-Zentrum von Kandahar. | © Jaweed Tanveer / HI

Wir nehmen unsere Aktivitäten in den vier Provinzen Herat, Kunduz, Kandahar und Nimroz nach und nach wieder auf, da wir der Ansicht sind, dass die humanitären Grundsätze der Neutralität, Unparteilichkeit und Unabhängigkeit derzeit eingehalten werden. Sollten Frauen und andere Teile der Bevölkerung am Zugang zur Hilfe gehindert werden, würden wir die Fortführung unserer Programme neu überdenken.

«Der Zugang für Frauen, Menschen mit Behinderungen und andere schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen zu den von uns angebotenen Dienstleistungen ist eine wesentliche Voraussetzung für die Arbeit unserer Organisation. Die Teams vor Ort sind entweder männlich oder weiblich, sodass auch Frauen von unseren Reha-Massnahmen profitieren können. Die Möglichkeit für Frauen, in unseren Projekten mitzuarbeiten, und die Gewährleistung des gleichberechtigten Zugangs von Frauen und Männern zu unseren Dienstleistungen haben für uns Priorität. Würden uns der Zugang zu bestimmten Begünstigten verwehrt werden, würden wir unser Engagement im Land überdenken», erklärt Gilles Nouziès, unser Programmverantwortlicher für Asien. Wir haben in Afghanistan 260 Mitarbeitende, darunter 63 Frauen und 30 Menschen mit Behinderungen.

Mehr als 2,5 Millionen Erwachsene mit einer schweren Behinderung

Der jahrzehntelange Krieg hat sich unmittelbar auf die Häufigkeit von Behinderungen in Afghanistan ausgewirkt: Aufgrund von Minen und explosiven Kriegsresten, bewaffneten Konflikten und des eingeschränkten Zugangs zur Gesundheitsversorgung, zu Lebensmitteln etc. haben heute rund 80 Prozent der Erwachsenen irgendeine Form von körperlicher, funktioneller, sensorischer oder sonstiger Beeinträchtigung. Und mehr als 2,5 Millionen Menschen (14 Prozent) leben mit einer schweren Behinderung.

«Die afghanische Bevölkerung leidet unter Mangel und fehlender Grundversorgung. Der Bedarf an humanitärer Hilfe nimmt weiter zu. Das fragile Gesundheitssystem, das durch den Mangel an ausgebildetem Personal beeinträchtigt ist, ist nicht in der Lage, den medizinischen Bedarf der Bevölkerung zu decken. Für viele Afghan*innen ist es lebenswichtig, dass wir weiterhin Reha-Massnahmen und psychosoziale Dienste anbieten», sagt Julio Cesar Ortiz Arguedas, unser Direktor in Afghanistan.

34 Jahre Reha und psychosoziale Unterstützung

Wir sind seit 1987 in Afghanistan tätig und gehören zu den wenigen Hilfsorganisationen, die in den Bereichen körperliche Rehabilitation und psychosoziale Unterstützung tätig sind. Diese Dienstleistungen spielen eine entscheidende Rolle dabei, Menschen mit Verletzungen und Behinderungen ihre Selbstständigkeit zurückzugeben oder zu erhalten.

1996 richteten wir das einzige Reha-Zentrum im Süden des Landes, in Kandahar, ein und unterstützen es seither kontinuierlich. Das Zentrum wird von einem Team von rund 50 Personen geleitet, das in der Regel etwa 300 Patient*innen pro Woche behandelt. In den Provinzen, in denen wir tätig sind, leisten ausserdem mobile Teams in abgelegenen ländlichen Gebieten Hilfe, in denen es keine Gesundheitseinrichtungen gibt.

Wir leisten auch psychosoziale Unterstützung; insbesondere für Menschen, die durch den Konflikt vertrieben wurden. Darüber hinaus sensibilisieren wir die Bevölkerung für die Risiken von Minen und explosiven Kriegsresten und unterstützen Menschen, die von Covid-19 betroffenen sind. Im Jahr 2020 haben wir 160'000 Menschen geholfen.

 

Handicap International in Afghanistan

  •    Im Jahr 2020:

o    Hilfe für 160'000 Menschen
o    Reha-Massnahmen für mehr als 17'000 Menschen
o    Verteilung von 3700 Prothesen und Orthesen sowie 9200 Mobilitätshilfen (Krücken, Rollstühle usw.)
Diese Hilfsmassnahmen wurden in den Reha-Zentren in Kandahar und Kunduz sowie durch unsere mobilen Teams durchgeführt, die Menschen in abgelegenen ländlichen Gebieten besuchen, wo der Zugang zur medizinischen Versorgung schwierig ist.
o    Psychosoziale Unterstützung für rund 6000 Menschen (Einzeltherapie, Gruppentherapie usw.)
Diese Unterstützung ist für Menschen gedacht, die aufgrund des Konflikts oder anderen traumatischen Erlebnissen psychologische Hilfe benötigen (z. B. Menschen, die wegen Dürren oder Konflikten aus ihrer Heimat flüchten mussten). 
o    Sensibilisierung der Bevölkerung für die Risiken von Minen und explosiven Kriegsresten
o    Förderung und Verteidigung der Rechte von Minenopfern und Menschen mit Behinderungen
o    Förderung der sozialen Integration von Minenopfern und Menschen mit Behinderungen und Verbesserung ihres Zugangs zu medizinischen und anderen wichtigen Dienstleistungen
o    Unterstützung der von der Covid-19-Pandemie betroffenen Menschen (Sensibilisierung für Schutzmassnahmen, Verteilung von Hygiene-Kits usw.)

  •   Ab 2021: Ausbildung von 120 Physiotherapeut*innen
30 August 2021
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Nadia Ben Said
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