Erster Jahrestag der Befreiung von Mossul: eine von Landminen und Bomben geplagte Stadt

Nothlife
Irak

1.500 Blindgänger im Krankenhaus Al-Shifa in Mossul entdeckt, eine von Landminen und Bomben geplagte Stadt. Acht Millionen Tonnen explosiver Kriegsreste [1] bedrohen auch ein Jahr nach der Befreiung die Stadt Mossul. Während Tausende von Verletzten versuchen, medizinische Versorgung zu bekommen und mehr als 300.000 [2] Binnenvertriebene in Flüchtlingslagern ausharren und auf ihre Rückkehr warten, gleicht die Stadt einer Zeitbombe.

Die enorme Anzahl an explosiven Kriegsresten in der Stadt hindert die Bevölkerung daran, nach Jahren traumatischer Erfahrungen wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren.

Die enorme Anzahl an explosiven Kriegsresten in der Stadt hindert die Bevölkerung daran, nach Jahren traumatischer Erfahrungen wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. | © Fanny Mraz / HI

Eine Kontaminierung ohnegleichen

Zwischen Oktober 2016 und Juli 2017 wurde Mossul von 1.717 Luftschlägen und 2.867 Explosionen getroffen, die eine beispiellose Menge an explosiven Kriegsresten hinterlassen haben. Hinzu kommen tausende improvisierte Sprengkörper, die vom sogenannten Islamischen Staat als Sprengfallen platziert wurden. Allein im Krankenhaus Al-Shifa wurden 1.500 Blindgänger gefunden [3]. Auch heute noch ereignen sich viele Unfälle und ganze Stadteile sind so stark verseucht, dass ein Betreten unmöglich ist. Seit dem 10. Juli 2017 wurden der Hilfsorganisation Handicap International (HI) aus der Provinz Ninive 127 Unfälle mit 186 Opfern gemeldet. Allerdings ist die tatsächliche Zahl wohl weitaus höher, da es schwierig ist, alle Opfer genau zu erfassen.

Die Zivilbevölkerung leidet am meisten

Die Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung sind gross: Schwere Verletzungen, dauerhafte Behinderungen und Amputationen. Zwischen dem 10. Juli 2017 und dem 15. März 2018 haben 1.225 Personen Rehabilitationsleistungen von HI erhalten. Darunter wurden 34 Prozent in Verbindung mit dem Konflikt  verletzt [4], 86 Prozent davon durch Blindgänger.

Die enorme Anzahl an explosiven Kriegsresten in der Stadt hindert die Bevölkerung daran, nach Jahren traumatischer Erfahrungen wieder zu einem normalen Leben zurückzukehren. Am 15. Mai 2018 konnten sich 57 Prozent der Binnenvertriebenen aus Ninive [5] eine Rückkehr nicht vorstellen. Als Grund gaben 22 Prozent davon die explosiven Kriegsreste und selbstgebauten Sprengkörper an.

„Der Wiederaufbau und die Entminung Mossuls wird Jahre dauern“

HI fordert die internationale Gemeinschaft auf, sich ihrer Verantwortung zu stellen. Die unverhältnismässige Anzahl an Anschlägen sowie die Gefahr durch improvisierte Sprengkörper und explosive Kriegsreste machen Mossul zu einer der am stärksten verseuchten Städte der Welt.

„Mossul muss dringend entmint, die Bevölkerung für die Gefahren der explosiven Kriegsreste sensibilisiert und die Opfer versorgt werden. Unsere Teams vor Ort stehen bereit. Allerdings muss die internationale Gemeinschaft zeigen, dass sie sich langfristig für die Minenräumung engagiert“, so Thomas Hugonnier, Leiter der Entminungsaktionen von HI.

„Die Staaten müssen alles in ihrer Macht Stehende tun, damit die traumatisierte Bevölkerung von Mossul wieder zu einem normalen Leben zurückkehren kann“, fügt er hinzu.

Link zum Bericht „Explosive hazards: another fear for the population in Mosul” von HI.


Handicap International im Irak 

HI ist bereits seit 25 Jahren im Irak aktiv und führt seit 2014 Projekte für Vertriebene in der Nähe von Konfliktregionen durch. Die Hilfsorganisation begleitet Verletzte und schutzbedürftige Bevölkerungsgruppen, bietet Aufklärungsveranstaltungen an, um das Risikobewusstsein zu steigern und räumt die am stärksten durch explosive Kriegsreste verseuchten Gebiete. 

 


  1.   UNO
  2.   Norwegian Refugee Council (NRC)
  3.   United Nations Mine Action Service (UNMAS)
  4.   Darunter Schusswunden und Verletzungen durch explosive Kriegsreste und andere Formen der Gewalt (insbesondere Folter) sowie Verletzungen durch Ereignisse, die mit dem Konflikt in Zusammenhang stehen
  5.   REACH, CCCM-Cluster, Iraq: Camps Intentions Survey Round 2 National Level, January 2018

 


Pressemitteilung als PDF lesen

Einsatzländer

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Nadia Ben Said
Verantwortliche Medien
(FR/DE/EN)

Tel : +41 22 710 93 36
[email protected]

HELFEN
Sie mit

Lesen sie weiter

Warum Rehabilitation in Kriegszeiten so wichtig ist
© S. Hejji - HQ / HI
Nothlife

Warum Rehabilitation in Kriegszeiten so wichtig ist

Als ich im März von einem Einsatz mit Handicap International in Gaza nach Genf zurückkehrte, war ich erschüttert: Die Situation ist katastrophal. Ohne eine konsequente und inklusive humanitäre Hilfe wird die Zahl der Menschen mit Behinderungen stark zunehmen. 

Tragischer Tod einer Mitarbeiterin von Handicap International in Gaza
© Handicap International
Nothlife

Tragischer Tod einer Mitarbeiterin von Handicap International in Gaza

Die Mitarbeitenden von Handicap International/Humanity & Inclusion (HI) sind zutiefst betroffen und empört über den Tod ihrer Kollegin Muna und ihrer ganzen Familie, die am 8. Juni wahllos von israelischen Streitkräften in ihrem Haus im Süden von Deir al-Balah in Gaza bombardiert wurden. Muna, eine engagierte Sozialarbeiterin, half Hunderten von vertriebenen Familien und Kindern, darunter auch Kindern mit Behinderungen. Dieser tragische Vorfall ist der zweite Tod einer HI-Mitarbeiterin seit dem 7. Oktober, nach einem Vorfall im Dezember 2023, als eine andere Kollegin und ihre vier Kinder in Nuseirat im Gazastreifen getötet wurden.