„Endlich werde ich wieder zur Schule gehen können”

Betroffenen Rehabilitation
Jordanien Syrien

Im Frühsommer 2015 gerieten Shuaa (9) und ihre Familie in Syrien in einen Bombenangriff. Daraufhin musste ihr linker Fuss amputiert werden. Ihre Familie lebt jetzt in einem Flüchtlingslager in Azraq in Jordanien. Mit der Hilfe von Handicap International wird sie demnächst eine Prothese erhalten, sodass sie wieder richtig laufen kann.

Shuaa sitzt mit ihrer Mutter in ihrer Hütte aus Wellblech, die sie im Flüchtlingslager als Unterkunft nutzen

Shuaa und ihre Mutter sind froh über die Sicherheit und die Versorgung im jordanischen Flüchtlingslager | © E. Fourt / Handicap International

Als Noor, die Physiotherapeutin von Handicap International, bei den Wellblechhütten im Flüchtlingslager ankommt, springt ihr ein kleines heiteres Mädchen mit einem großen Lächeln entgegen. Shuaa und ihre Mutter wollen Noor sogleich in ihre behelfsmässige Unterkunft einladen. Beide freuen sich ganz offensichtlich, sie wiederzusehen. Das Team von Handicap International kümmert sich schon um Shuaa, seit die Familie in Azraq angekommen ist. So haben sie das kleine syrische Mädchen und ihre Eltern sehr gut kennengelernt. Noor erkundigt sich bei allen nach ihrem Befinden, bevor die Physiotherapiestunde beginnt. Turkyia, Shuaas Mutter, erklärt, dass ihre Tochter sich schon sehr darauf freut, bald wieder in die Schule gehen zu können. “Sie war jetzt schon über ein Jahr nicht mehr dort,” erklärt sie. „Ihre Prothese wird ihr dabei helfen, wieder zu laufen und zu lernen. Sie hat nichts anderes mehr im Kopf.”

Anfang vergangenen Jahres erlangte die Gruppe des Islamischen Staats die Kontrolle über die Stadt, in der Shuaa und ihre Familie in Syrien lebten: „Wir flohen sofort in die Berge”, sagt Turkyia.

„Wir blieben dort einen Monat lang, aber die Lebensbedingungen waren sehr hart. So beschlossen wir, in die Stadt zurück zu kehren. Eines Tages flogen Hubschrauber über den Ort, an dem wir Zuflucht gefunden hatten. Wir rannten durch die Felder und versteckten uns unter einem Baum, weil wir dachten, sie würden nur die Häuser bombardieren. Aber dann gingen Fassbomben auf uns nieder. Meine 12-jährige Tochter, Shuaas grosse Schwester, starb sofort. Mein Onkel, der ebenfalls bei uns war, starb auch. Und Shuaa und ich wurden schwer verletzt.”

Während Turkyia erzählt, streichelt sie ihrer Tochter liebevoll übers Haar. „Ein paar Einwohner brachten uns ins Krankenhaus. Dort wurde Shuaa der Fuss amputiert und auch ich wurde behandelt. Aber ein paar Wochen nach dem Angriff stellte ich fest, dass die Wunde meiner Tochter nicht gut heilte. Mein Mann und ich beschlossen nach Jordanien zu fliehen, wo sie besser versorgt sein würde.” Nach einer Wartezeit von mehreren Monaten konnte die Familie nach Azraq umsiedeln.

> Bald eine Prothese

Physiotherapeutin Noor berichtet, dass Shuaa nicht sofort eine orthopädisch angepasste Prothese erhalten konnte, als sie ankam. Sie mussten zunächst darauf warten, dass die Wunde richtig verheilte. Unsere Teams versorgen sie mit Physiotherapie und bereiten sie auf die Prothese vor. Heute arbeiten sie mit dem Mädchen an seinem Gleichgewicht und machen Muskeltraining.

Die Physiotherapeutin nimmt Shuaa an die Hand und beginnt mit einer Reihe von Übungen. Sie zeigt ihr, wie sie ihre Beine positionieren muss, um einen Ball zu ihr zu kicken. So beginnt ein kleines Fußballspiel. Noor zeigt Shuaa auch, wie man über verschieden hohe Ebenen steigen kann. Sie möchte, dass sich das Mädchen so gut wie möglich an die neue Umgebung anpasst. Noor ermutigt auch Sana und Abdallah, die Schwester und den Bruder, mitzumachen, damit das Spiel interessanter wird. Die drei Kinder haben viel Spass bei den Übungen mit der Physiotherapeutin. „Shuaa hat sehr grosse Fortschritte gemacht, seit wir sie kennengelernt haben”, sagt Noor. „Vor kurzem haben wir ihre Masse genommen und in ein paar Wochen wird sie ihre erste Prothese angepasst bekommen.”

Shuaa strahlt. Das kleine Mädchen weiss, was das heisst: Bald wird sie längere Strecken laufen und dadurch wieder zur Schule gehen können, worüber sie sehr glücklich ist. Als die Stunde sich ihrem Ende nähert, vertraut Shuaa Noor an:

„Ich möchte gerne Lehrerin werden, wenn ich gross bin.”

7 November 2016
Einsatzländer

Nehmen Sie mit uns Kontakt auf

Nadia Ben Said
Verantwortliche Medien
(FR/DE/EN)

Tel : +41 22 710 93 36
[email protected]

HELFEN
Sie mit

Lesen sie weiter

Besserer Schutz für humanitäre Helferinnen und Helfer
© R.Crews / HI
Mobilisierung Rechte von menschen mit behinderungen und politik Rehabilitation

Besserer Schutz für humanitäre Helferinnen und Helfer

Rund 339 Millionen Menschen weltweit waren im Jahr 2023 auf humanitäre Hilfe angewiesen. Fachkräfte von Hilfsorganisationen und im Gesundheitswesen leisten lebenswichtige Unterstützung in Krisenregionen und geraten dabei selbst oft in Gefahr. Sie werden angegriffen, entführt, kriminalisiert, verletzt und manchmal sogar getötet. 

Physiotherapeut zu sein bedeutet, einen Beruf auszuüben, der einen täglich dazu anspornt, sein Bestes zu geben
© Crolle Agency / HI
Rehabilitation

Physiotherapeut zu sein bedeutet, einen Beruf auszuüben, der einen täglich dazu anspornt, sein Bestes zu geben

Der 32-jährige Paul Lokiru arbeitet als Physiotherapeut im Nordwesten Ugandas. Für ihn ist Physiotherapie eine Möglichkeit, sich um Menschen zu kümmern und denen zu helfen, die es wirklich brauchen. Erfahren Sie mehr über seinen Arbeitsalltag mit Geflüchteten.

Enayatullah wurde durch einen explosiven Munitionsrückstand verletzt – jetzt kann er wieder laufen!
© HI
Betroffenen Rehabilitation

Enayatullah wurde durch einen explosiven Munitionsrückstand verletzt – jetzt kann er wieder laufen!

Enayatullah ist ein neunjähriger Junge, der sein Bein bei der Explosion eines Munitionsrückstands verloren hat. Dank einer Prothese von uns kann er wieder laufen.